Die Saison der infizierten Nasennebenhöhlen ist wieder voll im Gange. Am häufigsten wandern zur Therapie Antibiotika und Nasensprays mit lokalen Steroiden über den Apothekentisch. Eine Studie aus Großbritannien ernüchtert jetzt pünktlich zum Winteranfang: Beides bringt nichts.
Die akute Entzündung der Nasennebenhöhlen (Sinusitis) gehört zu den häufigsten saisonalen Erkältungskrankheiten. Und sie ist mit Sicherheit einer der wichtigsten Gründe für die Verordnung von Breitspektrumantibiotika. Zahlen für Deutschland existieren wie üblich nicht. Aber in den USA und Großbritannien erhalten etwa neunzig Prozent aller Patienten mit akuter Sinusitis ein Antibiotikum. In den Niederlanden sind es achtzig Prozent und in Norwegen 67 Prozent. Ebenfalls schwer in Mode sind lokale Steroide wie Budesonid, die – so die Vorstellung – die Entzündungsreaktion der Schleimhaut kontrollieren und eine Chronifizierung verhindern helfen.
Nach zehn Tagen hat noch jeder dritte Beschwerden!
Ärzte um Ian Williamson von der Universität Southamptom haben jetzt in einer bei Hausärzten angesiedelten Studie untersucht, was Amoxicillin und Budesonid in der klinischen Realität der ambulanten Versorgung wirklich bringen. Amoxicillin ist auch in Deutschland die meistverordnete antibiotische Substanz bei dieser Indikation. Budesonid gewinnt zunehmend Anhänger. Insgesamt 240 Patienten nahmen an der randomisierten, placebokontrollierten Untersuchung teil und wurden einer von vier Gruppen zugeordnet. Sie erhielten entweder dreimal 500 Milligramm Amoxicillin für sieben Tage plus 200 Mikrogramm Budesonid pro Nasenloch und Tag für zehn Tage oder aber Placebo oder aber jeweils eine der Verum-Therapien plus Placebo. „Unseres Wissens ist das die größte nicht von der pharmazeutischen Industrie unterstützte Doppelblindstudie zu Amoxicillin bei der akuten Sinusitis im Hausarztkontext, und die bisher einzige Studie zu Budesonid in diesem Setting mit angemessener statistischer Power“, betont Williamson.
Das Ergebnis ernüchterte mächtig: Weder das auch in deutschen Leitlinien empfohlene Amoxicillin noch Budesonid hatten irgendeinen Effekt. Nach zehn Tagen hatte bei Behandlung mit dem Antibiotikum noch knapp ein Drittel der Patienten Beschwerden. Ohne Antibiotikum waren es fast genauso viele. Budesonid alleine oder in Kombination brachte ebenfalls keinen Nutzen: Jeder dritte Patient berichtete nach zehn Tagen immer noch über Symptome, ob mit oder ohne Steroid.
Nase voll: Was tun?
Das Ergebnis von Williamsons Studie steht formal im Widerspruch zu einem Cochrane-Review aus dem Jahr 2003. Hier wurde nach Auswertung von 49 Studien ein gering positiver Effekt der Antibiotikatherapie festgestellt, der allerdings nur für Penicillin, nicht aber für Amoxicillin, das Signifikanzniveau erreichte. Williamson weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass ein großer Teil der in der Cochrane-Metaanalyse berücksichtigten Studien in HNO-Praxen angesiedelt war. „Wir haben wesentlich strengere Kriterien an die Definition einer akuten Sinusitis angelegt, was bedeutet, dass der Gesamteffekt bei einer weniger selektierten Population im Hausarztkontext wahrscheinlich noch geringer ist als in unserer Studie“, so der Experte.
Insgesamt ist sein Fazit ziemlich ernüchternd: Bei Patienten mit den typischen Zeichen einer bakteriellen Sinusitis können weder Antibiotika noch Steroide allein oder in Kombination die Dauer oder den Verlauf der Erkrankung ändern oder auch nur die Symptome lindern. Lediglich für Patienten mit sehr gering ausgeprägten Symptomen zeigten sich Vorteile einer Therapie mit Budesonid gegenüber Placebo. Das allerdings sind jene Patienten, bei denen sich ohnehin die Frage nach einer Sinnhaftigkeit der Therapie stellt. Der Arzt hat jetzt ein Problem. Der Apotheker dagegen kann nach Williamsons Studie mit noch mehr Überzeugungskraft klassisch-symptomatische OTC-Therapien empfehlen, vom Schleimlöser über die Inhalation, die Rotlichtbehandlung und das Meerwasserspray bis zum Phytotherapeutikum. Der Winter kann kommen!